Mülltrennung: Was gehört wo hin? | Sächsische.de

2021-11-18 01:39:13 By : Ms. Jojo Hou

Welche Region interessiert Sie besonders?

Die meisten Deutschen machen die falsche Unterscheidung. Vor allem Plastikmüll ist ein Problem, wie ein Unternehmer aus Leipzig weiß.

Was sammelt sich da an! Ein Wochenende mit der Familie und der Plastikmülleimer quillt über: Milchkartons, Verpackungen für Obst und Gemüse, Joghurtbecher, Schraubverschlüsse, Zahnpastatubes. Jeder Deutsche produziert durchschnittlich 227,5 Kilogramm Verpackungsmüll pro Jahr, davon 39 Kilogramm aus Plastik. Das summiert sich allein in den Haushalten auf 8,9 Millionen Tonnen Verpackungsmüll jährlich. Das hat das Umweltbundesamt 2018 ausgerechnet – noch vor dem ersten Lockdown mit seinen Online-Bestellorgien und dem Kochen zu Hause.

Als Dirk Ehrlich aus Leipzig versuchte, seinen Müll in die überfüllten Gelben Tonne zu werfen, fiel ihm auf: Da landet viel mehr drin, als drin sein sollte: Windeln zum Beispiel, Planschbecken oder Batterien. Der Unternehmer begann in Deutschland mit der Erforschung von Abfallrecycling und nahm Freunde, Kollegen und Nachbarn mit. Sie stellten fest: Nicht nur die falschen Überwürfe sind ein Problem, sondern auch diverse Plastikverpackungen. Auch wenn sie in der Gelben Tonne oder im Gelben Sack landen, werden fast 70 Prozent davon verbrannt. Ehrlich möchte Verbraucher auf seiner Website Entsorgungshinweise.de aufklären.

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Herr Ehrlich, warum werden viele Kunststoffverpackungen nicht recycelt?

Nehmen wir die Tetrapacks. Je nach Hersteller gibt es Unterschiede. Aber im Prinzip haben sie alle eine Innen- und eine Außenfolie um den Pappkern, die miteinander verklebt sind. Außerdem haben sie oft ein Gewinde und eine Schraubkappe, die nur manchmal aus der Verpackung entfernt werden können. Dies macht es schwierig, sie für das Recycling zu verpacken.

Denn es kann nur sortenrein recycelt werden. Beim Tetrapack, das aus Verbundmaterialien besteht, ist dies nicht der Fall.

Sie müssten also einen Milchkarton in alle seine Einzelteile zerlegen, damit er recycelt werden kann? Schraubverschluss auslösen, Folie vom Karton abziehen?

Jawohl. Besteht nur der Deckel eines Produktes aus einem anderen Material als die Hauptverpackung, kann ein eigentlich leicht recycelbarer Kunststoff aufgrund des anderen Materials nicht wiederverwendet werden.

Niemand macht das. Was passiert, wenn der Milchkarton unzerlegt in der Gelben Tonne landet?

Ob und wie gut Recycling funktioniert, hängt vom jeweiligen Tetra Pack und dessen Zusammensetzung ab. Wenn es nicht recycelt werden kann, wird es sehr wahrscheinlich verbrannt. Aber auch das zählt als Erholung. Sie gewinnen dabei Energie.

Aber als Mülltrenner haben Sie ein anderes Ziel! Wie wird der Müll in den Systemen eigentlich sortiert?

Er landet auf kilometerlangen Gürteln. Nahinfrarot-Scanner erkennen die verschiedenen Kunststoffarten anhand des reflektierten Lichtspektrums. Anschließend werden die verschiedenen Kunststoffsorten mittels einer Druckluftdüse in jede einsortiert. Je reiner der Kunststoff, desto besser die Sortierung. Danach erfolgen verschiedene Aufbereitungsprozesse, beispielsweise Reinigen und Schmelzen, aus denen Granulate mit unterschiedlichen Qualitäten hergestellt werden.

Können komplexe Verpackungen wie das Tetrapack in Zukunft besser recycelt werden?

Die Sortiersysteme werden immer besser, ihre Möglichkeiten bleiben jedoch begrenzt. Metall lässt sich mit Magneten herausfiltern, bei Kunststoff ist dies nicht möglich. Es sieht gleich aus, fühlt sich fast immer gleich an, obwohl es viele verschiedene Arten von Kunststoff gibt. Um diese sortenrein recyceln zu können, müssen die einzelnen Bestandteile einer Verpackung voneinander getrennt werden. Bei Käseverpackungen muss beispielsweise die leichtere Folie vollständig von der schwereren Schale entfernt werden. So können die leichten Materialien von den Druckluftdüsen weggeblasen werden. Auch die Unternehmen, die die Verpackungen in Verkehr bringen, sind verpflichtet.

Wie viel Prozent aller Plastikabfälle landen im Backofen?

67 Prozent. Nur 16 Prozent werden ordnungsgemäß recycelt und 17 Prozent werden exportiert. Das liegt oft daran, dass selbst umweltbewusste Haushalte und Unternehmen nicht richtig trennen, weil sie es nicht besser wissen oder können. Auch gibt es regionale Unterschiede, da die Recyclinganlagen nicht den gleichen technischen Standard aufweisen.

Was können Sie tun, um die Rate zu erhöhen? Aluminiumdeckel von Plastikbechern entfernen?

Genau. Ähnlich ist es bei einigen Shampoos, die von einer Folie umgeben sind, auf die die Produktdaten gedruckt sind. Du solltest es auch abziehen. Es ist sehr wichtig, die Verpackung nach Typ zu trennen.

Und was macht man mit Joghurtbechern mit Papierhüllen?

Wenn das Etikett zerreißbar ist, wenn es aus Papier besteht, landet es in der blauen Tonne. Wenn es weiße Fäden zieht, ist es aus Kunststoff oder mit Kunststoff beschichtet. Dann gehört es in die Gelbe Tonne. Im Zweifelsfall empfehlen wir, das Etikett anzubringen und in die Gelbe Tonne zu werfen.

Was ist mit Tassen oder Schüsseln, die ich übereinander stapele, um Platz im Mülleimer zu sparen?

Generell sollte man das nicht machen, da die Luftdüsen sie nicht auseinander blasen können.

Muss der Joghurtbecher ausgespült werden oder nicht?

Es reicht, es auszukratzen. Den Rest erledigt das System. Beim Einkaufen können Sie jedoch darauf achten, Obst und Gemüse unverpackt zu kaufen und Mehrwegverpackungen zu bevorzugen. Glas statt Tetrapack, denn viele Verbundmaterialien sind beim Recycling problematisch.

Für die Qualität der Lebensmittel werden jedoch oft Verbundstoffe benötigt, damit diese frisch oder saftig bleiben.

Das macht für das Produkt auf jeden Fall Sinn. Aber wir müssen weiter denken, von der Produktion bis zum Recyclingprozess. Es gibt alternative Verpackungen aus schnell nachwachsenden, pflanzlichen oder recycelten Rohstoffen. Leider sind sie oft viel teurer als Plastik. Dabei handelt es sich um Initiativen einzelner Unternehmen. Dies gilt auch für schwarzen Kunststoff, der in Deo- oder Waschmittelverpackungen verwendet wird.

Die Infrarotscanner können es nicht von den Sortierbändern unterscheiden und zum Recycling sortieren. Seit 2019 gibt es einen speziellen NIR-Farbstoff, der Plastik zugesetzt und dann erkannt und recycelt werden kann. Das machen nur wenige Unternehmen.

Ja, wir möchten, dass der Käufer beim Einkaufen eine bewusste Entscheidung treffen und über die Entsorgung nachdenken kann. Dies ist unserer Meinung nach nur mit Trennhinweisen möglich, die auf den Etiketten aufgedruckt sind. Im besten Fall mit einer Recycling-Ampel. Wenn die Verpackung problemlos recycelt werden kann, steht die Ampel grün; wenn dies nur eingeschränkt möglich ist, wird es gelb. Wenn es sehr schwierig ist, zum Beispiel bei Verbundwerkstoffen, wird es rot. Dann kann ich selbst entscheiden. Aber dafür muss der politische Wille da sein.

Die Ampel würde in etwa aussehen wie der Nutri-Score oder das Energielabel für Elektrogeräte?

Genau. Aber niemand will gemobbt werden. Prämienformen wie der Reparaturbonus in Thüringen sind deutlich attraktiver. Fakt ist, dass Ampeln das Bewusstsein schärfen. Wir haben jede Menge Kaufmöglichkeiten vor dem Regal. Solche Hinweise sind eine klare Entscheidungshilfe.

Schaust du dir jedes Paket genau an, bevor du etwas kaufst?

Wer nachhaltig leben will, kann mehr tun – zum Beispiel bei der Arbeit und beim Einkaufen. Ideen vom Streaming bis zum Investieren.

Da ich mich so sehr mit Recycling beschäftige, ja. Davor war mir das egal, weil ich dachte, dass alles über die Gelbe Tonne recycelt wird. Ich kaufe nicht mehr alles und entsorge es anders.

Das Interview führte Susanne Plecher.

Buchtipp: „Übrigens grüner leben. Was jeder für Umwelt und Klima tun kann“. St. Warentest, 224 Seiten, 16,90 Euro

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